Gebäudetechnik/Upcycling
Die beste Gelegenheit, kostengünstig ein zweites Leitungsnetz zu installieren, bieten Neubau und energetische Sanierung. Damit lässt sich Regenwasser nutzen und bereits gebrauchtes Grauwasser recyceln. Die Erste Wohnungsgenossenschaft Berlin-Pankow eG (EWG) hat damit Erfahrungen gesammelt und weiß heute, wie das geht. Grauwasserrecycling und Wärmerückgewinnung ermöglichen nicht nur eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen, sondern senken auch dauerhaft Betriebskosten und CO2-Emissionen. Besonders im mehrgeschossigen Wohnungsbau bietet diese Technik großes Potenzial für Klimaschutz, Werterhalt und Versorgungssicherheit.
Die Idee, ein zweites Leitungsnetz zu installieren, ist nicht neu, wird jedoch zunehmend nachgefragt. Denn die Bewohner und Bewohnerinnen profitieren aufgrund sinkender Energie- und Wasserkosten. Grauwasserrecycling ist insbesondere dort lukrativ, wo viele Menschen in mehrgeschossigen Gebäuden untergebracht sind; z.B. in Hotels, im mehrgeschossigen Wohnungsbau oder in Wohnheimen. Und wegen der wieder einmal gestiegenen Baukosten, so die verständliche Haltung der meisten Investoren, realisierten sie bislang nur das zwingend Notwendige.
Die einfachen Voraussetzungen für dauerhaft niedrige Betriebskosten durch Wasserrecycling mit Wärmerückgewinnung gehörten leider nicht dazu, denn sie stehen nicht im Bau- und Wassergesetz, auch nicht im Lehrplan der Ausbildung von Architekten und Ingenieuren. Es sind
Beides gelingt am besten bei Neubau und Kernsanierung. Und wenn Bauherren wie die EWG in Berlin die Werterhaltung ihres Gebäudes im Fokus haben und sich der Umwelt, dem Klima und ihren Bewohnern verpflichtet fühlen.
Seit 2010 baut die EWG neu, mit Grauwasserrecycling. »Doch beim ersten Objekt in der Berliner Brennerstraße 88 a-h haben wir aufs falsche Pferd gesetzt, mussten Lehrgeld bezahlen«, sagt Chris Zell, einer der beiden Vorstände der EWG. Falsche oder fehlende Wartung hat zum Ausfall der Anlage geführt. Sie funktionierte nach dem Prinzip der Ultrafiltration mithilfe von Membranmodulen, deren Austausch von Zeit zu Zeit notwendig ist und in diesem Fall besonders kostenintensiv gewesen wäre.
Seitdem das Team um Planer Erwin Nolde diese Anlage eines Wettbewerbers umgerüstet hat auf die ihm eigene Technik der belüfteten Wirbelbettanlage, ist ein störungsfreier Dauerbetrieb möglich. Und damit war 2020 die Entscheidung gefallen, beim Neubau der EWG mit 39 Wohnungen in der Dolomitenstraße 47/49, Berlin-Pankow, diese wartungsarme Technik ein weiteres Mal einzusetzen.
In den Jahren davor hatte Nolde bei großen Mehrfamilienhäusern in Berlin und Frankfurt sehr gute Erfahrungen dabei gesammelt, dem i.d.R. noch warmen Grauwasser im Keller des Gebäudes während des Aufbereitens zu Toilettenspülwasser zusätzlich die Wärme zu entziehen. Diese wird im selben Raum mit wenig Aufwand zur Vorwärmung des Warmwassers verwendet. Und so zirkuliert die Wärme im Haus, wenn wieder geduscht oder gebadet wird.
»Wir schließen damit auch das letzte große Wärmeleck in Neubauten«, sagt Ingenieur Nolde, »denn über das nur 150 Millimeter enge Abwasserrohr entweicht mehr Energie als über die gesamte Außenhülle eines gut gedämmten Mehrfamilienhauses.«
Dass die Anlage zur dezentralen Wärmerückgewinnung aus Grauwasser und das Wasserrecycling wenig Energie benötigt, aber viel Wärme, Wasser und Geld spart, stellt nach zwei Jahren Betrieb im Neubau der EWG an der Pankower Dolomitenstraße Benjamin Freyberg fest.
Er ist als Mitarbeiter der Genossenschaft für die Technik des Gebäudes zuständig und betont: »Pro Tag werden 3.000 Liter hochwertiges Betriebswasser und 35 kWh Wärmeenergie zurückgeholt. Außerdem erwärmt sich unser städtisches Umfeld weniger, der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) wird durch diese Anlage um drei Tonnen pro Jahr vermindert. Das dient dem Klimaschutz und ist unserer Genossenschaft wichtig.«
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