Beispiel für ein Werkstoffversagen: Delamination in Buchenbrettschichtholz. Das am Fraunhofer WKI entwickelte Testverfahren soll unter anderem eine bessere Bewertung von solchen Schadensbildern zulassen und damit Rückschlüsse auf das Alterungsverhalten ermöglichen. (© Fraunhofer WKI | Manuela Lingnau)
  • 01.07.2025

Fraunhofer WKI entwickelt praxistaugliches Schnellalterungsverfahren für Holzwerkstoffe

Ob Gebäude oder Fahrzeuge: Mittlerweile lassen sich viele tragende Bauteile aus Holz herstellen, insbesondere aus geklebten Holzwerkstoffen und Hybridwerkstoffen. Ihr Alterungsverhalten ist jedoch bisher unzureichend erforscht. Gängige Methoden zur Prüfung der Dauerhaftigkeit im Außenbereich sind entweder langwierig oder aufgrund ihrer Bedingungen nicht praxisrelevant. Beides kann zu erheblichen Kostensteigerungen für Hersteller und Kunden führen. Gemeinsam mit dem Fachgebiet Trennende und Fügende Fertigungsverfahren (TFF) der Universität Kassel haben Forschende des Fraunhofer WKI deshalb ein realitätsnahes Schnellalterungsverfahren entwickelt, das insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) genutzt werden kann.


Die Holzindustrie sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, darunter Ressourcenschonung und Kreislauffähigkeit sowie der Frage, wie sich Holzwerkstoffe an klimatische Veränderungen anpassen. Wie dauerhaft sind Holzwerkstoffe und Holzhybridwerkstoffe im Außenbereich? Bisher verwendete Alterungsverfahren, die diese Frage beantworten sollen, sind häufig sehr langwierig und verzögern die Zeit bis zur Zulassung. An diesem Punkt setzten die Forschenden des Fraunhofer WKI gemeinsam mit der Universität Kassel an: Sie haben ein mechanisch-klimatisches Schnellalterungsverfahren für Holzwerkstoffe entwickelt, das apparativ weniger aufwendig ist als etablierte Verfahren.

»Insbesondere KMU in der Holzindustrie benötigen praktikable und wirtschaftliche Lösungen, um ihre Produktentwicklung und -prüfung zu verbessern. In unserem Projekt ›TimberAge‹ haben wir ein Verfahren entwickelt, das den Prüfprozess für Holzwerkstoffe erheblich verkürzt und somit den wirtschaftlichen Druck auf KMU mindert. Durch die Entwicklung eines schnelleren und realistischeren Prüfverfahrens können Unternehmen ihre Produkte schneller auf den Markt bringen. Dies ist besonders wichtig in einem wettbewerbsintensiven Umfeld, in dem Zeit und Kosten entscheidende Faktoren sind«, erläutert Dr. Steffen Sydow, Projektleiter am Fraunhofer WKI.

Das Projekt verfolgte einen interdisziplinären Ansatz, bei dem mechanische und klimatische Belastungen kombiniert wurden. Dadurch können Alterungsprozesse realistischer nachgebildet werden. Durch die Optimierung der Prüfverfahren wird die Notwendigkeit zur Überdimensionierung von Produkten reduziert. Das bedeutet nicht nur Kosteneinsparungen für KMU, sondern schont auch Ressourcen.

Die neue Methode zur beschleunigten Alterung von Holzwerkstoffen ist ein bedeutender Fortschritt im Bereich der Werkstoffprüfung. Durch das realitätsnahe Nachbilden von Quellen und Schwinden in Kombination mit einem säuregepufferten Alterungsmedium sowie sich wiederholenden Trocknungs- und Frostabschnitten kann das Langzeitverhalten von Holzwerkstoffen deutlich schneller bewertet werden als mit bisherigen Standardverfahren. Dabei werden die mechanischen Kennwerte als Vergleichsgrundlage herangezogen. Von besonderer Relevanz ist die Kombination unterschiedlicher Alterungsfaktoren, denen holzbasierte Materialien und Klebstoffe über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg standhalten müssen, die in bisherigen Alterungsvarianten jedoch nur unzureichend abgebildet werden.

Diese Methode wird durch eine eigens entwickelte, kostengünstige Vorrichtung zur dynamischen mechanischen Belastung von Holzwerkstoffen ergänzt. Die Vorrichtung ermöglicht zyklische Beanspruchungen mit hoher Wiederholungszahl (bis zu mehrere hunderttausend Zyklen) und eröffnet darüber hinaus grundsätzliche Möglichkeiten zum zusätzlichen Überlagern von Feuchtewechseln. Dabei sind zerstörende Materialprüfungen hinsichtlich Zugscherfestigkeit und Dreipunktbiegung (Festigkeit und Modul) im Anschluss an die Verbundalterung möglich. Die beschleunigte Prüfung reduziert Entwicklungszeiten erheblich und ermöglicht eine realistischere Bewertung der Materialperformance über den Lebenszyklus hinweg – ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung langlebiger, nachhaltiger Produkte.

Das Schnellalterungsverfahren kann in vielen Bereichen der Industrie angewendet werden: von der Qualitätssicherung über die Entwicklung feuchte- und belastungsresistenter Holzwerkstoffe bis hin zur Optimierung von Produkten für den Außenbereich, beispielsweise im Fassaden-, Terrassen- oder Fahrzeugbau. Die einfache und wirtschaftliche Konstruktion der Prüfgeräte ermöglicht zudem den Einsatz im eigenen Betrieb. Dadurch wird die Abhängigkeit von externen Prüfdienstleistern verringert und Kosten werden gesenkt. Insgesamt leisten die entwickelten Verfahren und Vorrichtungen einen wertvollen Beitrag zur Stärkung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit von KMU im Bereich der Holzwerkstofftechnik.

 

Fraunhofer-Institut für Holzforschung
Wilhelm-Klauditz-Institut WKI
Bienroder Weg 54E
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