Das Bild zeigt die Aufstockung eines Mehrparteiengebäudes in der Paul-Gossen-Straße in Erlangen nach der Fertigstellung.
Für Klimaschutz und Wohnkomfort: Erlangen gehört zu den Städten, die ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes Forschungsprojekt über klimaneutrale Stadtquartiere umsetzen. Der Clou: Die Sanierung erfolgt teils im bewohnten Zustand, ohne Mieterinnen und Mieter zu stark zu belasten. (© Schmitt Photodesign)
  • 11.03.2025

Wie Stadtviertel klimaneutral werden

DBU: mehr Tempo bei Wärmewende im Gebäudesektor

Die energetische Gebäudesanierung ist ein Schlüssel zur Klimaneutralität. Doch oft fehlen praktikable wirtschaftliche Lösungen – wie ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes Projekt des Unternehmens Target zeigt: Fünf Stadtquartiere mit insgesamt 800 Wohneinheiten sollen klimaneutral werden – unter anderem mittels serieller Sanierung, vorgefertigter Gebäudekomponenten, Fernwärme, Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen. Zwei der Quartiere in Erlangen werden bereits saniert. Die Europäische Union will bis 2050, Deutschland bis 2045 klimaneutral werden – also nicht mehr klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen, als wieder gebunden werden.


Energetische Sanierung ganzer Wohnblöcke bringt Effizienz- und Kostenvorteile

Der Expertenrat für Klimafragen hat kürzlich in seiner wissenschaftlichen Bilanz zur nationalen Klimapolitik angemahnt, dass neben dem Verkehrs- auch der Gebäudesektor schneller klimaneutral werden muss. Umsetzbare Wege für mehr Tempo zeigt das DBU-geförderte Projekt.

»Bislang wurden Gebäude oft einzeln betrachtet. Dagegen kann eine energetische Sanierung ganzer Wohnblöcke viel effizienter und kostengünstiger sein«, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. »Zum Beispiel verringern sich finanzielle Investitionen durch eine gemeinsame Wärmenutzung.«

Zudem beschleunige die serielle Fertigung zum Beispiel von Fassadenelementen den Neubau sowie die Sanierung. Ein weiterer Vorteil: »Das Aufstocken von Wohnungen auf ein bestehendes Gebäude schafft ohne zusätzlichen Flächenverlust mehr Wohnraum«, so Bonde.


Gebäude aus den 1960er-Jahren auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft

Das Projekt zeigt, dass klimaneutrale Quartiere technisch und wirtschaftlich machbar sind. »Klimaneutralität bei Gebäuden bedeutet: Der Heizwärmebedarf muss bilanziell null sein«, sagt Tobias Timm, Projektleiter und Geschäftsführer von Target. Timm erklärt: »Das gelingt, indem einerseits der Heizwärmebedarf so weit wie möglich gedrosselt wird und andererseits das Gebäude selbst Energie produziert.« Energieeffizienz spiele dabei eine zentrale Rolle.

Als Testballon für die Machbarkeitsstudie dienten fünf Quartiere in den Städten Rostock, Erlangen, Hannover und Sarstedt mit insgesamt 800 Wohnungen. Die Quartiersgebäude stammen alle aus den 1960er-Jahren. Zudem wurde bisher überall mit fossilen Energieträgern geheizt, also mit Öl oder Gas. »Um das Ziel einer Umstellung auf erneuerbare Wärmeversorgungssysteme zu erreichen, haben wir verschiedene Strategien untersucht«, so Timm. Das Architekturbüro Dr. Schulze Darup und das Passivhaus Institut waren als Kooperationspartner beteiligt.


Mieterinnen und Mieter sollen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden

Beispielhaft sind zwei Siedlungen der Wohnungsbaugesellschaft Gewobau Erlangen: Im Süden der Stadt werden sechs Gebäude mit seriell vorgefertigten Komponenten saniert und um 32 Wohneinheiten auf 156 aufgestockt. Sabine Djahanschah, Leiterin des DBU-Referats Zukunftsfähiges Bauwesen: »Mit dem innovativen Energiekonzept wird sogar eine Plusenergiebilanz erreicht.« Es wird also letztlich mehr Energie erzeugt als verbraucht. Fernwärmeanschluss und eine neu installierte Photovoltaik(PV)-Anlage sorgen für den größten Effekt.

In einem weiteren Quartier in Erlangen-Bruck erfolgte die serielle Sanierung von sechs Wohnblocks und 132 Wohneinheiten. Wirtschaftlich attraktiv ist die Nutzung der Sonne: »Die Erträge durch die PV-Anlage kompensieren die Investitionen«, so Djahanschah. Großer Pluspunkt: Die Sanierungen der Gebäude erfolgten laut Timm im bewohnten Zustand. »Mieterinnen und Mieter sollten so wenig wie möglich beeinträchtigt werden«, so der Projektleiter. Ein Anreiz sei sicher der zu erwartende künftige Komfort: »Mit neuen Fenstern und einer gut isolierten Gebäudehülle ist es wesentlich behaglicher in der Wohnung.« Die Sanierungen in Erlangen unterstützten die KfW-Bank und der Freistaat Bayern mit Fördermitteln.


Serielle Sanierung als Erfolgsfaktor

Der Berliner Architekt Dr. Burkhard Schulze Darup nennt drei wesentliche Komponenten für einen Null-Emissions-Standard: »Neben einer effizienten Gebäudedämmung gehören dazu eine hauseigene regenerative Energiequelle wie eine Photovoltaikanlage sowie eine kluge Gebäudetechnik, zum Beispiel mittels Wärmepumpen. Diese können kleiner und deutlich kostengünstiger ausgeführt werden, wenn dazu Lüftung mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz kommt.«

Die kann nach seinen Worten kombiniert mit einer hochwertig sanierten Gebäudehülle etwa im KfW-55-Standard den Heizenergiebedarf noch einmal um fast die Hälfte senken. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist laut Schulze Darup die serielle Sanierung mit vorgefertigten Elementen in Passivhausqualität. »Das senkt Sanierungskosten, verkürzt Bauzeiten und ermöglicht höchste Energieeffizienz«, so der Architekt. Mehraufwendungen werden nach seinen Worten oft durch Kosteneinsparungen wegen des geringeren Heizenergieverbrauchs abgefedert.


Große Synergieeffekte mit kommunaler Wärmeplanung

Als wichtiger Baustein für Klimaneutralität gilt in Deutschland die kommunale Wärmeplanung auf Grundlage unter anderem des Wärmeplanungsgesetzes, das im Januar 2024 in Kraft getreten ist. Dazu Timm: »Als strategisches Instrument lässt sich künftig eine Versorgungslandschaft konzipieren.«

So könnten Klärwerke und Rechenzentren laut Timm als Abwärmequelle Quartiere kostengünstig versorgen. Die im DBU-geförderten Projekt gefundenen Lösungen seien modellhaft übertragbar. »Wir wissen, wie Klimaneutralität im Quartier verwirklicht werden kann«, so die Projektbeteiligten. Und weiter: »Wegen der nationalen Klimaziele dürfen wir bei der Umsetzung keine Zeit mehr verlieren.«

Der Abschlussbericht des DBU-geförderten Projekts steht zum Download zur Verfügung.


Fachliche Ansprechpartner (AZ 35579/01)

Tobias Timm
Telefon: 05151 4030990

Burkhard Schulze Darup
Telefon: 030 56837296

 

Deutsche Bundesstiftung Umwelt
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Telefon: 0541 9633-0
Telefax: 0541 9633-190
E-Mail: info@dbu.de
Internet: www.dbu.de

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