Berlins Gebäude energetisch sanieren
Blick über Berlin (© MEV-Verlag)
  • 24.09.2021

Berlins Gebäude energetisch sanieren

Was Bund und Land jetzt für eine sozialverträgliche und ambitionierte Sanierung tun müssen

  • Das IÖW hat untersucht, wie sich Kosten energetischer Sanierungen auf Mietende und Vermietende verteilen.
  • Das Ergebnis: Ambitionierte energetische Sanierungen können ohne steigende Warmmieten umgesetzt werden; allerdings fehlen bislang Anreize für Vermietende.
  • Bund und Land sollten Rahmen für Förderung und Modernisierungsumlage so ändern, dass ambitionierte energetische Sanierungen attraktiv sind und sozialverträglich umgesetzt werden müssen.
  • IÖW und BBH haben Empfehlungen für Berliner Bezirke entwickelt, wie in Milieuschutzgebieten sozialverträglich energetisch saniert werden kann.


Die verschärften Klimaziele des Landes Berlin erfordern, dass das Heizen von Gebäuden in der Hauptstadt in den nächsten Jahren deutlich weniger Treibhausgase verursacht. Dafür müssen sowohl Heizungsanlagen auf erneuerbare Energien umgestellt als auch die Gebäude ambitioniert energetisch saniert werden. Wegen der angespannten Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt, der ganz überwiegend ein Mietmarkt ist, sind die Kosten der energetischen Sanierungen brisant.

Zwei neue Studien unter Leitung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) zeigen nun, dass Sanierungen häufig sozialverträglich möglich sind, aber für Vermietende weder attraktiv noch verpflichtend. Deshalb muss sowohl der Bund als auch das Land Berlin nun die Rahmenbedingungen ändern.


Fördermittel und Modernisierungsumlage zentral für die Wirtschaftlichkeit von Sanierungen

Das IÖW hat anhand unterschiedlicher Modellgebäude berechnet, wie sich Kosten energetischer Sanierungen verteilen. Die Ergebnisse zeigen, dass ambitionierte Sanierungen so gestaltet werden können, dass sowohl Mietende als auch Vermietende profitieren und dass die Warmmieten weniger steigen als bei Sanierungen nach dem Mindeststandard laut Gebäudeenergiegesetz.

»Wie sich die Kosten verteilen, hängt von zahlreichen Faktoren ab, sodass die Kostenstrukturen in Einzelfällen auch deutlich anders aussehen können«, erklärt Studienautorin Julika Weiß vom IÖW. »Insbesondere die Inanspruchnahme von Fördermitteln und die Umlagepraxis spielen eine entscheidende Rolle für die Wirtschaftlichkeit aus Sicht der Mietenden.«


Empfehlungen für Bund und Land Berlin

Die Forschenden empfehlen dem Bund und dem Land Berlin, Ansätze zu verfolgen, die ambitionierte Sanierungen steigern und dabei eine Inanspruchnahme von Fördermitteln sicherstellen bei gleichzeitiger Begrenzung der Umlage. Das Land sollte Kleineigentümerinnen und -eigentümer vor allem durch Beratungs- und Informationsangebote unterstützen.

Bei den Wohnungsunternehmen können Best-Practice-Beispiele und Klimaschutzvereinbarungen helfen. Für landeseigene Wohnungsunternehmen kann der Senat darüber hinaus Regelungen für hohe Sanierungsstandards festlegen – als Ergänzung zu den bereits bestehenden Anforderungen an die Miethöhe.


Sanierungen in Milieuschutzgebieten: Chancen für Klimaschutz nutzen

In den rund 70 Berliner Milieuschutzgebieten sind aufwendige energetische Sanierungen mit hohen Wärmedämmstandards und einem Wechsel zu erneuerbaren Energien derzeit häufig in der Praxis nicht genehmigungsfähig. Dabei könnten solche Sanierungen langfristig günstige Warmmieten sicherstellen.

Eine gemeinsame Studie von IÖW und der Kanzlei BBH empfiehlt aufbauend auf einer Analyse der aktuellen Rechtslage und Praxis in den Bezirken, Leitbilder für klimafreundliche und sozialverträgliche Sanierungen in Milieuschutzgebieten zu entwickeln. Zudem sollten die Bezirke ihre Genehmigungspraxis anpassen, um ambitionierte energetische Sanierungen unter Verwendung von Fördermitteln und einer Begrenzung der Umlage zu ermöglichen.

Ein Leitfaden könnte die Bezirke und die Wohnungswirtschaft unterstützen. Außerdem kann das Land Berlin durch Härtefallregelungen die Sozialverträglichkeit energetischer Sanierungen sicherstellen.


Bund: attraktive Förderbedingungen und Umlagebegrenzung austarieren

Noch umfassender kann der Bund die Wirtschaftlichkeit und insbesondere die Kostenverteilung energetischer Sanierungen beeinflussen, indem er eine Kappungsgrenze bei der Modernisierungsumlage vornimmt oder die Umlagehöhe reduziert. Dennoch müssen ambitionierte Sanierungen für Vermietende attraktiv gestaltet werden, da ansonsten die Gefahr besteht, dass mit niedrigen energetischen Standards saniert wird.

Somit ist es insbesondere wichtig, die Reduktion der Modernisierungsumlage mit attraktiven Fördermöglichkeiten für ambitionierte Sanierungen zu kombinieren, die möglichst unkompliziert beantragt werden können. Diese Regelungen sind für die Kostenverteilung aktuell deutlich relevanter als die viel diskutierte CO2-Umlage.

Die Arbeiten zur Kostenverteilung erfolgten im Projekt »Sozial-ökologische Wärmewende in Berlin«, das Teil des Forschungsverbunds Ecornet Berlin ist, der gefördert wird vom Regierenden Bürgermeister, Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung Berlin. Die Arbeiten zum Thema Milieuschutz entstanden im Projekt »Urbane Wärmewende« mit Förderung des Bundesforschungsministeriums.


Mehr Informationen und Downloads


Wissenschaftliche Ansprechpartnerin

Dr. Julika Weiß
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Telefon: 030 8845940
E-Mail: julika.weiss@ioew.de


Über das IÖW

Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung. Das IÖW ist Mitglied im »Ecological Research Network« (Ecornet), dem Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.

 

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